Ein Brand, verendete Tiere oder ein Unfall sind einschneidende Ereignisse. Der Nothilfefonds der fenaco-LANDI-Gruppe, der seit 2015 besteht, greift Bäuerinnen und Bauern in Not unter die Arme. Bislang hat die fenaco zusammen mit der regionalen LANDI in 34 Not- und Härtefällen Soforthilfe geleistet.
Ein Familienbetrieb in sechster Generation liegt in Schutt und Asche. Und damit auch schöne Kindheitserinnerungen. «Wir mussten zusehen, wie unser Lebenswerk abbrannte.» Im September 2020 kämpfte Michael Abbühl, Miteigentümer der Alp Seeberg im Diemtigtal auf 1799 Meter über Meer eigenhändig mit Feuerlöscher und Wasserschlauch gegen ein unbezwingbares Inferno: In Flammen stand der über zweihundertjährige Alpbetrieb, der den Stall, das Wohnhaus, die Käserei und den Käsekeller mit sieben Tonnen Käse und das Bergbeizli unter einem Dach vereinte. Ursache war ein Kabelbrand. Zum Glück blieben Menschen und Tiere unversehrt. Denn Michael Abbühl befand sich beim Brandausbruch zusammen mit drei weiteren Familienangehörigen bei der Feldarbeit. Die 50 Milchkühe, 80 Kälber, 40 Schweine und zehn Pferde waren zwei Wochen zuvor ins Tal zurückgekehrt. «Es ist ein brutaler Moment, wenn man realisiert, dass man nichts mehr retten kann. Die Arbeit und Investitionen all der vergangenen Jahre sind einfach weg.» Nebst der Trauer über den Verlust kam die Gewissheit, dass das Geld der Versicherungen für einen Wiederaufbau nicht reichen würde. Doch grosszügige Spenden schenkten der Familie Abbühl Hoffnungsschimmer. «Mit dieser Hilfe konnten wir Fundamentales wie Werkzeuge oder Treibstoff sogleich wieder anschaffen», berichtet Michael Abbühl.
Unterstützung ohne administrative Hürden
Auch die fenaco-LANDI Gruppe leistete Soforthilfe: «Michael Abbühl ist Mitglied und Kunde unserer LANDI. Als ich von seinem Unglück vernahm, wollte ich sofort helfen», erzählt Mario Cairoli Geschäftsleiter LANDI Simmental-Saanenland. «Dank des fenaco Nothilfefonds war es uns möglich, schnell und unkompliziert Unterstützung zu bieten. Innert zwei Tage konnten wir mehrere tausend Franken Soforthilfe überweisen». Die fenaco unterstützt die Landwirtinnen und Landwirte bei der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Unternehmen – das ist ihr Unternehmenszweck als Agrargenossenschaft. Dazu gehört, dass die fenaco zur Stelle ist, wenn ein Mitglied in Not gerät. Dafür hat die Genossenschaft 2015 einen Fonds für landwirtschaftliche Not- und Härtefälle gegründet. Voraussetzung bei der Auszahlung von Unterstützungsgeldern ist, dass die örtliche LANDI sich mit einem Drittel an der gesprochenen Gesamtleistung beteiligt. Die fenaco steuert die restlichen zwei Drittel aus dem Nothilfefonds bei. «Die regionalen LANDI kennen ihre Mitglieder am besten und können die Schwere einer Notlage entsprechend einschätzen», erklärt Mario Cairoli. Grundsätzlich bietet der Nothilfefonds Unterstützung bei Elementarereignissen wie Feuer, Hochwasser, Murgängen und Sturmschäden. Die fenaco-LANDI Gruppe hilft betroffenen Bäuerinnen und Bauern auch bei Ereignissen, die aufgrund ihrer Heftigkeit mit einem Elementarereignis vergleichbar sind. Beispielsweise Tierseuchen, die einen Landwirtschaftsbetrieb erheblich beeinträchtigen. Und nicht zuletzt springt der Fonds ein, wenn der Versicherungsschutz fehlt oder sich die Zahlungen der Versicherung verzögern.
Feuer und Bakterien sind immer wieder die Ursache
In den Jahren 2015 bis 2020 hat die fenaco-LANDI Gruppe 33 Not- und Härtefälle finanziell mit insgesamt CHF 136 000 unterstützt. In über zwei Drittel der Fälle handelte es sich um Brände. Neben Feuer sorgen aber auch Bakterien wie Salmonellen oder das Clostridium botulinum immer wieder für schmerzvolle Verluste. Die Clostridium-botulinum-Bakterien waren denn auch die Ursache für den ersten Fall im Jahr 2021. Diese Bakterien haben Anfang März in der Region Le Mouret (FR) 34 Kühe der Betriebsgemeinschaft von Manuel Kolly und Eric Yerly verenden lassen. Die Clostridium-botulinum-Bakterien kommen in der Umwelt und im Darm von gesunden Menschen und Tieren vor – ohne Probleme zu verursachen. In sauerstoffloser Umgebung keimen sie aber aus und setzen das Nervengift Botulinumtoxin frei. Frisst in der Folge ein Tier Heu, das mit einem Kadaver eines Fuchses oder Rehs verunreinigt ist, nimmt es auch das Gift auf. Das Nervengift führt zu Lähmungen und bei Tieren meist zum Tod. «Es war ein Schock. Und es tut weh, Tiere so verlieren zu müssen», erinnert sich Eric Yerly. «In der Schweiz gibt es rund drei Botulismus-Fälle pro Jahr. Das ist zum Glück nicht sehr häufig. Tritt ein solcher Fall jedoch ein, ist es für die Tiere wie für die Besitzer ein grauenvoller Moment», betont auch Didier Perriard, Geschäftsleiter der LANDI Sarine in Grolley und Marly (FR). Er kennt Eric Yerly und Manuel Kolly persönlich. «Dank des Nothilfefonds konnten wir den Betroffenen zumindest finanziell etwas Zuversicht geben», so Didier Perriard. «Die Unterstützung aus der Region war enorm, die Anteilnahme ein Trost», fügt Eric Yerly an. Heute stehen auf seiner Weide wieder zahlreiche Kühe.
Anfang April startete auch Michael Abbühl mit dem Wiederaufbau der Alp. Zwar hinderten ihn zu Beginn die Schneemassen, die noch bis in den Juni hinein in den Bergen lagen, am raschen Vorwärtskommen, doch seit Ende Juni steht zumindest der Stall wieder. So können auch seine Tiere den Sommer wieder in der Höhe verbringen. Michael Abbühl: «Diese Solidarität, die wir nach dem Brand von Nachbarn und Bauern erfahren durften, und die Spenden motivierten uns, weiterzumachen. Auch jetzt, beim Wiederaufbau, dürfen wir auf zahlreiche Menschen zählen, die in ihrer Freizeit mitanpacken. Meine Familie und ich sind enorm dankbar für die vielseitige Unterstützung!»
Nothilfefonds: Wem wird geholfen?
- Bezugsberechtigt sind landwirtschaftliche Gemeinschaften und bäuerliche Einzelbetriebe mit Sitz in der Schweiz, die durch ein elementares Ereignis oder schwere Personenunfälle in eine nicht selbst verschuldete, wirtschaftliche Not geraten sind.
- Die Geschädigten erhalten keine oder nur partielle Sofortunterstützung von anderen Organisationen (z. B. Versicherung).
- Es werden nur Anfragen unterstützt, die von Seiten einer fenaco Mitglied-LANDI eingebracht und von dieser mitgetragen werden.
- Die örtliche Mitglied-LANDI muss bereit sein, sich an der gesprochenen Gesamtleistung mit einem Drittel zu beteiligen.
- Der ausbezahlte Maximalbetrag pro Schadensfall liegt bei CHF 10 000. Der Entscheid über die effektive Höhe des zu leistenden Gesamtbeitrags liegt in der Kompetenz der fenaco Genossenschaft.