Ob Seuchen, Stromausfall, globale Spannungen, Streiks oder Klimarisiken: Die Schweiz muss für Krisen gerüstet sein. Die fenaco Tochterunternehmen tragen massgeblich zur nationalen Versorgungssicherheit bei.
Im Silo Olten fährt ein Lastwagen nach dem anderen vor. Ein erster kommt aus Frankreich und bringt 25 720 Kilogramm Weizen. Betriebsleiter Andreas Friedl wickelt den Vorgang ab. Das schwere Wagentor öffnet sich und aus dem prall gefüllten Anhänger donnert das Getreide direkt in die Gosse. Minutenlang dauert das faszinierende Schauspiel. Die Ware wird unterirdisch in die Lagerzelle 325 des Silogebäudes geleitet. Hier kontrolliert Andreas – ausgerüstet mit Litermass, Schnellmessgerät und seinem geschulten Auge –, ob der Weizen tadellos ist.
Zur Qualitätskontrolle gehört etwa die Prüfung der Schwere und der Feuchtigkeit und ob Schädlinge die Ware angegriffen haben. Mittels mechanischer Transportelemente, sogenannter Redler und Elevatoren, wird das Gut eingelagert und gekühlt. Bei Schädlingsbefall – was zum Glück selten ist – wird mittels kontrollierter Atmosphäre die Silozelle geflutet, was die Schädlinge eliminiert. Nur noch selten werden chemische Mittel eingesetzt. Das Getreide stammt weitgehend von Schweizer landwirtschaftsbetrieben. Dazu kommen ergänzende Importe. Organisiert werden sämtliche Ein- und Auslagerungen von fenaco GOF, IP-Suisse oder Swissmill, denen der Silo Olten als Dienstleistungsbetrieb für die Lager dient.
Andreas arbeitet seit 29 Jahren im Silo Olten. Bereits als kleiner Junge hat er seinem Vorgänger bei der Arbeit zugeschaut – es war sein Vater. Seine Begeisterung für den verantwortungsvollen Job hat er nie verloren. Er könne hier einfach jede Art von Arbeit machen, sagt er: von der Buchhaltung übers Programmieren bis zu Schädlingsbekämpfung und Unterhalt. «Und es ist ein gutes Gefühl, auf das Getreide aufzupassen, das der Landesversorgung dient», sagt er.
Eine besondere Verantwortung
Wer bei der fenaco tätig ist, arbeitet wie Andreas in einem systemrelevanten Unternehmen. Denn die fenaco spielt für die Ernährungs- und Energiesicherheit der Schweiz eine Schlüsselrolle. Unsere Genossenschaft muss sich nämlich verpflichten, Güter wie Brotgetreide, Rohstoffe für die Tierernährung, Dünger und Saatgut für mehrere Monate an Lager zu halten. Ebenso hält sie ein Energiepflichtlager mit Benzin und Heizöl. Die fenaco ist eines von 110 Unternehmen im Nahrungs- und Futtermittelbereich, die im Auftrag des Bundes solche Pflichtlager für Krisenzeiten auf Schweizer Zollgebiet unterhalten. Doch nicht nur Nahrung, Saatgut, Dünger und Energie werden vorrätig gehalten, sondern auch Heilmittel und Industriegüter wie zum Beispiel Kunststoffgranulate oder Ethanol.
Über einen Drittel der zurzeit rund 704 000 Tonnen Nahrungsmittel und Futterkomponenten im Wert von einer halben Milliarde Franken an rund 210 Lagerstandorten hält die fenaco. Mit Abstand der grösste Lagerort der Güter befindet sich an den Rheinhäfen in Basel. So auch der Silo Auhafen, welcher die fenaco GOF seit 2018 betreibt.
Im Silo Auhafen werden bei rund 40 000 Tonnen Lagerkapazität jährlich etwa 150 000 Tonnen umgeschlagen, sowohl Futter- als auch Lebensmittelrohstoffe, zum Beispiel Brot- und Futtergetreide, Ölsaaten sowie Sojaschrot. Insgesamt stehen 55 Lagerzellen zur Verfügung. Hier arbeitet ein bodenständiges Fünferteam: Betriebsleiter Koni Freiermuth, sein Stellvertreter Joachim Rey und drei weitere Kollegen. Sie haben entweder einen mechanischen oder einen landwirtschaftlichen Hintergrund. Der gelernte Landwirt Koni betont, «dass wir nur Ergänzungsimporte tätigen, also alles, was Schweizer Landwirtinnen und Landwirte nicht selber produzieren können».
Koni sprüht vor Enthusiasmus, kann sich nichts anderes vorstellen, als im Silo Auhafen zu wirken. In der Pandemie konnte sein Team die ohnehin hohe Leistungsbereitschaft unter Beweis stellen. «In einem Brief des Bundes wurden wir aufgefordert, im Ernstfall einen 24-Stunden-Betrieb aufrechtzuerhalten, da die Lieferketten möglicherweise unterbrochen werden», erzählt Koni. Joachim ergänzt: «Da wurde uns bewusst, was für eine wichtige Funktion wir hier ausüben.» Wenn es hätte sein müssen, wären sie bereit gewesen, mit den Schlafsäcken im Pausenraum zu übernachten. Auch der Rhein stellt das Team regelmässig vor Herausforderungen: Führt er aufgrund von Trockenperioden zu wenig Wasser, stauen sich die Schiffe auf ihrer Fahrt von Rotterdam und sammeln sich nach dem ersehnten Regenfall massenweise am Hafen. «Wir müssen sehr flexibel sein. Aber das sind wir, können wir doch bis zu 250 Tonnen Ware pro Stunde ein- und ausladen», so Joachim.
Partnerschaften im In- und Ausland
Die Schweiz ist ein Importland. Jede zweite Kalorie, die wir verbrauchen, stammt aus dem Ausland. Das Düngemittel wird gar zu 100 Prozent importiert. Für die Beschaffung, die Bewirtschaftung der Lager, die Logistik, die Qualitätskontrolle sowie die Vertretung in den Pflichtlagergremien arbeiten bei der fenaco mehr als 130 Personen, 90 davon in der Schweiz. Die Versorgung der Schweizer Bevölkerung durch die fenaco hat auch in der Pandemie bestens funktioniert. Gerade die LANDI Läden wurden während des Lockdowns regelrecht überrannt. Die Nachfrage nach Gartenartikeln und -geräten sprengte alle Rekorde.
Dass die Bestände in den Regalen gesichert waren und die Lieferungen aus dem Ausland tadellos funktionierten, ist Lahr Logistics zu verdanken. «Unser Standort im deutschen Bundesland Baden-Württemberg nahe der Schweizer Grenze dient als Zolllager und günstige Logistikfläche, sodass die LANDI ihre eigenen Lager nicht überfüllen müssen», sagt Jürgen Mai, stellvertretender Geschäftsführer von Lahr Logistics. Hier werden Güter aus China, Rumänien, Norwegen oder Deutschland gelagert und auf Bestellung innerhalb eines Tages direkt in die LANDI geliefert. «Damit die Versorgung noch sicherer wird, planen wir, die Lagerfläche in Lahr, die zurzeit Platz für 45 000 Europaletten bietet, massiv zu vergrössern», sagt Jürgen.
Da Krisen häufiger werden und damit verbundene Ängste zugenommen haben, steht zurzeit auch der Ausbau der Pflichtlager auf der politischen Agenda. Der fenaco Stadt-Land-Monitor 2023 zeigte zudem, dass die Schweizer Bevölkerung einen Selbstversorgungsgrad von 70 Prozent sowohl bei Energie als auch bei Lebensmitteln wünscht. Die fenaco steht dieser Diskussion und einem moderaten Pflichtlagerausbau positiv gegenüber. Entscheidend für unsere Landesversorgung sind aber nicht nur die Pflichtlager, sondern auch eine starke Inlandproduktion und gute internationale Handelsbeziehungen.
Transport in jeden Winkel der Schweiz
Die fenaco versorgt die Schweizer Bevölkerung mit Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs. Oft ist der Volg auf dem Land die einzige Einkaufsmöglichkeit. Selbst in entlegensten Gebieten ist er ein verlässlicher Partner. Mit effizienter Logistik und Feinverteilung werden Waren nicht nur per Lastwagen oder Zug in die Läden geliefert, sondern wo nötig auch per Seilbahn und Traktor. Wie etwa in den Volg Feldis (GR) auf 1470 Metern Höhe. Die Versorgung ist gewährleistet – Tag für Tag, Winter für Winter –, wenn die Strassen wegen Schneefalls unpassierbar sind.