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Der Obstbau muss sich dem Klimawandel anpassen

Mildere Winter und extreme Wetterbedingungen wie Trockenheit oder Hagel erschweren den Obstbau. Jeanne Giesser, Obstbäuerin in Grens (VD), und Samuel Wyssenbach, General Product Manager Früchte bei Inoverde, diskutieren über die Auswirkungen des Klimawandels auf den Obstbau.

Mildere Winter und extreme Wetterbedingungen wie Trockenheit oder Hagel erschweren den Obstbau. Jeanne Giesser, Obstbäuerin in Grens (VD), und Samuel Wyssenbach, General Product Manager Früchte bei Inoverde, diskutieren über die Auswirkungen des Klimawandels auf den Obstbau.

Wie nehmt ihr persönlich die Wetterveränderungen wahr? 

Jeanne Giesser: Ohne mich auf wissenschaftliche Daten abzustützen, stelle ich eine Klimaerwärmung fest: mil­dere Winter, die einen früheren Vegetationsbeginn nach sich ziehen, und heissere Sommer. Zudem beobachte ich ausgeprägtere Wetterschwankungen mit abwechslungsweise sehr trockenen und dann wieder sehr verregneten Phasen sowie eine Zunahme von extremen Wetterereignissen. 

Samuel Wyssenbach: Es gibt vermehrt extreme Wetterereignisse wie Hagel, längere Trockenphasen oder auch intensiven und anhaltenden Regen. Die Jahreszeiten verschieben sich und Obstkulturen wie Kirschen, Aprikosen oder Äpfel blühen früher, was das Risiko von Frostschäden massiv erhöht. 

Was sind die Auswirkungen auf die Natur und den Obstbau? 

Jeanne Giesser: Die Klimaerwärmung wirkt sich direkt auf die Arten und Sorten aus. Zum Beispiel vertragen einige Apfelsorten wie Gala Hitze und Trockenheit vor der Ernte schlecht. Hitze und Trockenheit führen zu Sprüngen im Bereich des Stiels, zu geringerer Festigkeit und zu schlechterer Färbung und Haltbarkeit. Die Klimaerwärmung bedeutet auch eine deutliche Zunahme von Risiken: Frost, Hagel, heftige Gewitter. 

Samuel Wyssenbach: Die Kulturen stehen unter Stress. Die Produzenten und Produzentinnen müssen mit einem erhöhten Risiko von Ernteverlusten rechnen, insbesondere im Obstbau. Ein 20-minütiges Hagelgewitter kann einen Grossteil der Produktion zunichtemachen und damit die Arbeit eines ganzen Jahres. Wegen der immer grösser werdenden Risiken weichen die Produzentinnen und Produzenten teilweise auf weniger anfällige Kulturen und Produktionsbereiche aus, wie etwa die Milchproduktion.

Samuel Wyssenbach, General Product Manager Früchte bei Inoverde
« Durch den Klimawandel sind Produzentinnen und Produzenten mit einem erhöhten Risiko von Ernteverlusten konfrontiert. »

Wie sieht es mit den Anbaumethoden aus?
Jeanne Giesser: Es gibt vorbeugende Mittel, zum Beispiel Hagelschutznetze, Frostschutzsysteme und gezielte Tropfbewässerung. Im Kanton Waadt haben fast alle Obstbauern und Obstbäuerinnen in Hagelschutznetze investiert, aber noch nicht viele in den Schutz vor Frost, der immer häufiger auftritt. Das effektivste Mittel ist Frostschutzberegnung. Hier stehen wir jedoch vor dem Problem, dass Wasser nicht einfach so verfügbar ist und dass der Boden grosse Wassermengen nicht einfach so absorbieren kann.
Samuel Wyssenbach: Die Investitionen sollten mit fairen Preisen für das Obst kompensiert werden. Dadurch lassen sich die Investitionen realisieren, die zum Schutz der Kulturen notwendig sind. Auch die Produktion der Früchte, für die eine grosse Nachfrage besteht, kann aufrechterhalten werden.

Sind neue, robuste Fruchtsorten eine Lösung? Beispielsweise PIWI-Rebsorten oder Apfelsorten, die gegen Schorf und andere Krankheiten robust sind?
Jeanne Giesser: Robuste Sorten sind nur eine Teillösung. Sie benötigen weniger Pflanzenschutzmassnahmen, sind aber nicht besser gegen Hitze angepasst. Ich denke, dass es nicht nur wichtig ist, gegen Krankheiten und Schädlinge resistente Sorten zu züchten, sondern auch solche, die besser an den heutigen Klimawandel angepasst sind.

Jeanne Giesser, Obstbäuerin in Grens (VD)
« Es ist wichtig, Sorten zu züchten, die robust gegen Krankheiten sind und sich besser an den Klimawandel anpassen. »

Gibt es Forschungsprojekte in diese Richtung?
Samuel Wyssenbach: Es gibt verschiedene Forschungsprojekte in diesem Bereich. Inoverde beteiligt sich insbesondere am RESO-Projekt und engagiert sich stark für entsprechende Projekte in der Früchtebranche. Die Sorten der Zukunft müssen eine gros-se Toleranz für abiotischen Stress wie späten Frost, Sommerhitze und Trockenheit aufweisen, zusätzlich zur Schädlingsresistenz. Zentrale Erfolgsfaktoren sind denn auch die Produktivität und die sensorische Qualität.

Schauen Sie zuversichtlich in die Zukunft?
Jeanne Giesser: Ja, ich bin optimistisch, was unsere Anpassungsfähigkeit angeht. Aber die Herausforderungen sind gross und wir benötigen gute wirtschaftliche Bedingungen.
Samuel Wyssenbach: Auch ich bin zuversichtlich. Die Obstproduktion hat immer wieder bewiesen, dass sie sich anzupassen vermag und innovativ auf Herausforderungen reagieren kann. Dies lässt sich jedoch nicht gratis bewerkstelligen. Es ist zentral, dass die zusätzlichen Kosten kompensiert werden können. Nur so ist es uns möglich, auch in Zukunft zu produzieren. 

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