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Die Zukunft der Ernährung

Gesundheit, Flexibilität und Nachhaltigkeit: Daniel Häberli, Landwirt in Billikon bei Kyburg (ZH), und Michel Nick, Leiter Food Innovation für die Lebensmittelindustrie bei der fenaco, schätzen Ernährungstrends und deren Potenzial für die Schweizer Landwirtschaft ein.

Gesundheit, Flexibilität und Nachhaltigkeit: Daniel Häberli, Landwirt in Billikon bei Kyburg (ZH), und Michel Nick, Leiter Food Innovation für die Lebensmittelindustrie bei der fenaco, schätzen Ernährungstrends und deren Potenzial für die Schweizer Landwirtschaft ein.

Was bringen die nächsten zehn Jahre für die Ernährung und die Produktion von Lebensmitteln?

Daniel Häberli: Für mich steht die Gesundheit im Vordergrund. Gesunde Nahrungsmittel wollen wir auch in zehn Jahren und darüber hinaus.

Michel Nick: Dem stimme ich voll zu. Und beim Essverhalten geht die Reise sicher Richtung Flexibilität. Zum Beispiel beim Fleisch: Es bleibt auf dem Speiseplan. Zur Abwechslung greifen die Konsumentinnen und Konsumenten jedoch auch zu Alternativen auf pflanzlicher Basis. Nachhaltigkeit bleibt insgesamt ein wichtiger Trend. Ich erwarte zudem neue Nahrungsmittel und Ernährungsformen durch den technologischen Fortschritt.

Michel Nick, Leiter Food Innovation für die Lebensmittelindustrie bei der fenaco
« Ich erwarte in den kommenden Jahren viele positive Impulse durch den technologischen Fortschritt. »

Wie etwa durch die zelluläre Landwirtschaft?

Michel Nick: Ein kontrovers diskutiertes Thema! Die fenaco hat sich als Teilsponsorin einer niederländischen Machbarkeitsstudie Einblick in den aktuellen Stand der internationalen Entwicklung verschafft. Im Sommer haben wir die Resultate erhalten. Dass Schweizer Bauernhöfe in absehbarer Zukunft Fleisch aus Bioreaktoren produzieren, ist eher unwahrscheinlich.Gründe sind die hohen Kosten und fehlende Absatzmöglichkeiten. Pflanzenbasierte Methoden könnten sich hierzulande schon eher durchsetzen, also etwa die Produktion einer Biomasse aus Avocado für Guacamole. So liesse sich die teilweise problematische Produktion und Logistik der Avocado umgehen. Damit setzt sich ein Forschungsprojekt der ZHAW auseinander, das wir unterstützen.

Könnten Sie sich damit anfreunden, Daniel Häberli?

Daniel Häberli: Als Landwirt setze ich mich für die Produktion von hochwertigen Rohstoffen ein. Das können auch Nährmedien für die zelluläre Herstellung von pflanzenbasierten Lebensmitteln sein. Die Tierhaltung bleibt aktuell für mich das wichtigste Mittel, um Grasland optimal zu nutzen.

Sie bauen selber Eiweisserbsen an. Wie ist das angelaufen?

Daniel Häberli: Wir produzieren seit etwa zehn Jahren Eiweisserbsen – seit zwei Jahren auch für den menschlichen Verzehr. Auf drei bis fünf Hektaren fahren wir bis zu 20 Tonnen ein.

Michel Nick: Die fenaco engagiert sich für den Anbau von Schweizer Proteinträgern, wie eben Eiweisserbsen. Verarbeitet zu Konzentrat sind sie eine wichtige Zutat bei der Herstellung von Fleischalternativen. Der Anbau läuft gut, die Qualität stimmt – doch bei der Abnahme harzt es noch. Der springende Punkt ist der Preis. 

Ist der Anbau denn aufwendig?

Daniel Häberli: Die Herausforderungen – wie etwa die Ertragsschwankungen – meistern wir mittlerweile gut. Der Erfolg ist abhängig von den Bedingungen vor Ort. Wir haben eher homogene Böden, das macht es einfacher. Grundsätzlich konnte ich vor zwei Jahren gut auf Produkte für den menschlichen Verzehr wechseln. 

Michel Nick: Es sind nicht die Produktionskosten. Der fehlende Grenzschutz mindert die Wettbewerbsfähigkeit dieser Kultur.

Michel Nick, Sie erwähnten anfangs den Trend zu mehr Nachhaltigkeit. Können Sie das konkretisieren? 

Michel Nick: Viele Menschen denken da an den Pflanzenschutz. Um die Versorgungssicherheit sicherzustellen, ist und bleibt dieser wichtig. 

Daniel Häberli: Das sehe ich genauso. Ein Totalausfall bei der Ernte ist nicht nachhaltig. Wir haben einen gemischten Betrieb. Die Eiweisserbsen etwa sind IP-Suisse zertifiziert. Ich setze so wenig wie möglich, aber so viel wie halt nötig an Pflanzenschutzmitteln ein, um meine Ernten zu sichern. 

Michel Nick: Es werden laufend Wirkstoffe gestrichen und nur wenige neue zugelassen. Das ist ein Problem für die Bäuerinnen und Bauern. Die fenaco bringt sich in den zuständigen Gremien dazu ein. Was es braucht, ist ein risikobasiertes Zulassungsverfahren, das den unterschiedlichen Ansätzen und Technologien gerecht wird und dadurch die Entwicklung im nachhaltigen Pflanzenschutz unterstützt.

Daniel Häberli, Landwirt in Billikon bei Kyburg (ZH)
« Als Landwirt ist es wichtig, am Ball zu bleiben. Investieren: ja, aber es muss dann auch funktionieren. »

Bleiben wir noch bei den technologischen Entwicklungen, was erwarten Sie hier?

Michel Nick: Innovationen bei den Lebensmitteln waren für die Menschheit schon immer wichtig, etwa um die Haltbarkeit zu erhöhen. Ich erwarte in den kommenden Jahren viele positive Impulse durch den technologischen Fortschritt, zum Beispiel durch Fermentation oder eben die zelluläre Landwirtschaft. 

Daniel Häberli: Als Landwirt ist es wichtig, am Ball zu bleiben. Investieren: ja, aber es muss dann auch funktionieren. 

Welche Technologien setzen Sie konkret ein?

Daniel Häberli: Den Melkroboter haben wir schon seit 16 Jahren. Seit diesem Jahr setzen wir auch die RTK-Technologie beim ersten Traktor ein. Diese präzise GPS-Navigation und Steuerung ist für uns ein wichtiger Baustein der Zukunft. Das Preis-Leistungs-Verhältnis hat sich massiv verbessert. Dann bin ich auch «barto»- Nutzer, insbesondere für die Dokumentation. Bei der präzisen Fahrspurplanung oder der teilflächenspezifischen Düngung wird der digitale Hofmanager in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. 

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