Das Projekt RESPECTfarms will Landwirtinnen und Landwirten ermöglichen, auf ihren Bauernhöfen Kulturfleisch zu produzieren. Die fenaco beteiligt sich als Teilsponsorin an einer Machbarkeitsstudie. Die Agrargenossenschaft möchte mit ihrem Engagement klären, inwiefern die zelluläre Landwirtschaft ein neues Geschäftsfeld für die Schweizer Bäuerinnen und Bauern darstellt.
Bis im Jahr 2050 leben gemäss Prognosen der UNO rund 10 Milliarden Menschen auf der Welt. Damit nimmt auch der Bedarf an Nahrungsmitteln stark zu. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen schätzt, dass allein die Nachfrage nach tierischen Proteinen bis 2050 weltweit um mindestens einen Drittel steigt. Die Ressourcen für die Lebensmittelproduktion jedoch sind begrenzt. Die Land- und Ernährungswirtschaft ist deshalb gefordert, innovative Lösungen für eine effiziente Produktion von Nahrungsmitteln zu finden, welche die Umwelt nicht zusätzlich belasten.
Zelluläre Landwirtschaft als Lösungsansatz
Die zelluläre Landwirtschaft ist ein vielversprechender Ansatz, um die nachhaltige Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung sicherzustellen. Für die Produktion von Kulturfleisch werden lebenden Tieren dabei schmerzfrei Zellen entnommen. Anschliessend werden diese Zellen in Nährlösungen unter idealen Bedingungen in einem Fermenter zu Muskelfleisch kultiviert.
Erster Kulturfleischbauernhof der Welt
Während die meisten Projekte in der zellulären Landwirtschaft auf die industrielle Produktion zielen, setzt RESPECTfarms auf die dezentrale Produktion von Fleisch in Zellkulturen auf Bauernhöfen. Die Vision: Die Landwirtinnen und Landwirte bauen auf ihrem Ackerland die Rohstoffe für die Nährlösung an und kultivieren danach das Fleisch in Fermentern direkt auf ihren Höfen. Das ermöglicht eine nachhaltige lokale Produktion und zugleich eine maximale Wertschöpfung für die Bauernbetriebe. «RESPECTfarms reduziert die Rolle der Landwirtinnen und Landwirte nicht auf die Zulieferung von Nährmedien, sondern eröffnet ihnen echte Alternativen zur herkömmlichen Fleischproduktion», so Florentine Zieglowski, Mitgründerin von RESPECTfarms. Christian Consoni, Leiter der Division Lebensmittelindustrie bei der fenaco, ergänzt: «Wir haben lange nach einem Projekt mit diesem Ansatz gesucht und sind mit RESPECTfarms endlich fündig geworden.»
Projektbeteiligte in den Niederlanden, Deutschland, Belgien und der Schweiz
Die Grundlage für das Projekt RESPECTFarms bildet der Europäische Struktur- und Investitionsfonds zur Untersuchung des Potenzials der zellulären Landwirtschaft, der von der niederländischen Regierung koordiniert wurde. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen in einer Machbarkeitsstudie 2023 nun validiert und auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüft werden. Danach soll mit dem Bau des weltweit ersten Kulturfleischbauernhofs gestartet werden.
Hinter dem Projekt stehen verschiedene Unternehmen, Forschungsinstitutionen und Stiftungen aus den Niederlanden, Belgien und Deutschland sowie ein Landwirtschaftsbetrieb in den Niederlanden. Die fenaco ist Teilsponsorin des Projekts und unterstützt es als einzige landwirtschaftliche Organisation ausserhalb der Niederlande. Neben einem finanziellen Beitrag bringt die Genossenschaft ihr agronomisches Wissen und ihre grosse Erfahrung im Bereich der Lebensmittelverarbeitung ein.
Engagement im Sinne der Mitglieder
«Nach Abschluss der Projektarbeiten können wir beurteilen, inwiefern die zelluläre Landwirtschaft tatsächlich ein neues Geschäftsfeld für die Schweizer Bäuerinnen und Bauern darstellt», sagt Christian Consoni. Das Engagement orientiert sich damit am Zweckartikel der fenaco Genossenschaft: die Landwirtinnen und Landwirte bei der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Unternehmen zu unterstützen. Dabei beabsichtigt die fenaco nicht, selber in die Produktion von Kulturfleisch einzusteigen. «Durch unsere Projektbeteiligung bauen wir Wissen in Bezug auf die Herstellungsprozesse, die benötigte Infrastruktur, die Wirtschaftlichkeit oder die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf. Diese Erfahrungen werden wir mit den Bauernfamilien teilen, damit sie allfällige Investitionsentscheide auf einer fundierten Basis treffen können», erläutert Christian Consoni.