Mit der Übernahme von Provins und der Fusion von Rutishauser und Divino hat die fenaco klare Zeichen gesetzt: Die Genossenschaft fördert den Schweizer Wein und unterstützt die Winzerinnen und Winzer.
Nach der Gründung von Divino aus den traditionsreichen Volg Weinkellereien und Caves Garnier im Jahr 2018 hat die fenaco Genossenschaft 2020 die Mehrheit an Provins übernommen und Anfang 2021 Rutishauser für eine Fusion mit Divino gewinnen können. Damit hat die fenaco ihr jahrzehntelanges Engagement für Schweizer Wein weiter ausgebaut. «Durch die ehemaligen Volg Weinkellereien stehen wir seit jeher im direkten Kontakt zu den Weinbauern in der Ostschweiz. Diese Beziehungen können wir mit Rutishauser weiter ausbauen. Und mit Provins verankern wir uns nun in der Westschweiz. Gute Partnerschaften und eine Präsenz vor Ort sind grundlegend für unseren Erfolg», betont Christian Consoni, Leiter Division Lebensmittelindustrie und Mitglied der Geschäftsleitung der fenaco Genossenschaft. Die Integrationen haben für beide Parteien Vorteile: Die Weinproduzentinnen und -produzenten erhalten Stabilität und neue Perspektiven. Die fenaco kann ihre Weinkompetenz weiter ausbauen und Synergien im Weingeschäft ausschöpfen.
Integration bringt Stabilität
«Es ist Ruhe eingekehrt. Wir haben Gelassenheit zurückerhalten», freut sich Gregoire Dupertuis, langjähriger Produktionsverantwortlicher bei Provins. Er fügt an: «Die Gesamtorganisation der fenaco und ihre Professionalität sind eine grosse Stütze.» Provins ist die grösste Weinkellerei der Schweiz mit Sitz in Sion (VS). Sie hat sich seit 1930 einen Namen für die besten Walliser Weine erarbeitet. Doch der abnehmende Konsum von Wein, der dominante Auftritt internationaler Weine auf dem Markt und die damit verbundene Überproduktion von Walliser Weinen machten Provins und den Walliser Winzerinnen und Winzern in den vergangenen Jahren mehr und mehr zu schaffen. Mit gravierenden Folgen: Die Weinproduzenten wussten oft erst kurzfristig, welche Mengen der Ernte sie zu welchem Preis verkaufen konnten. Diesen Umstand behob die fenaco nach der Integration umgehend. Unter dem Schirm der fenaco zahlte Provins den Winzerinnen und Winzern die gesamte Ernte 2019 aus und gab ihnen mit einer transparenten Preispolitik Planungssicherheit für die Zukunft.
Auch die Ostschweizer Weinkellerei Rutishauser mit Wurzeln in Scherzingen (TG) hatte turbulente Zeiten hinter sich, bevor Divino die Geschäftstätigkeiten der 136-jährigen Marke per 1. April 2021 übernahm: Die holländische Baarsma Wine Group kaufte Rutishauser 2008. 2019 ging Baarsma Wine Group an die französische Gruppe Invivo. Diese Besitzerwechsel brachten Unruhen ins Unternehmen. «In der Deutschschweiz konnte Rutishauser die Weine stets zu guten Preisen absetzen. Doch Charakter und Preise der Rutishauser Weine passten weder in die holländische, noch in die französische Welt. Dies wirkte sich negativ aus und Rutishauser konnte einigen Winzern die geplanten Traubenmengen nicht mehr abkaufen», beschreibt Thomas Wettach, Leiter Betriebe Rutishauser-Divino, die damalige Situation. «Wir hatten ein schwieriges 2020. Kurzfristig erfuhren wir, dass Rutishauser uns weniger abnehmen würde. Und zwar zwei Weinsorten weniger und von anderen Sorten eine geringere Menge. Zu diesem Zeitpunkt waren die Rebstöcke bereits parat für die nächste Traubenproduktion», erzählt Ruth Gurtner, Bäuerin und Winzerin in Götighofen (TG). Unter anderem sprangen die Volg Weinkellereien ein und nahm der Familie Gurtner einen Teil der abgewiesenen Ernte ab. «Wir sind nun sehr glücklich darüber, dass Rutishauser innerhalb fenaco weiter funktionieren kann. Jetzt haben wir wieder einen verlässlichen Partner», freut sich Ruth Gurtner.
Integration kommt voran
Die Integrationsarbeiten sind bei Provins in vollem Gang, beispielsweise für die IT-Systeme. «Die zurzeit grösste Herausforderung ist es, unsere Geschäfte weiterzuentwickeln und den Einkauf der Trauben mit unserer Produktion und dem Verkauf abzustimmen», erklärt Michel Charbonnet, Geschäftsführer von Provins. Er ergänzt: «Wir möchten das bestehende Sortiment beibehalten, aber auch weiterentwickeln. Die Kundinnen und Kunden wünschen sich qualitativ gute Weine, deren Stilistik zum Genussanlass passt. Schliesslich möchten wir für unsere Winzerinnen und Winzer ein verlässlicher Partner sein.» Auch bei Rutishauser-Divino schreiten die Integrationsarbeiten voran: Die Mitarbeitenden für den Verkauf und die Administration von Rutishauser sind seit Anfang April 2021 in Winterthur stationiert. Ende Juni 2021 fanden die letzten Abfüllungen am Standort Scherzingen statt und rund eine Million Liter Offenweine wurden in die modernen Abfüllanlagen nach Winterthur verlagert. Da der Standort Scherzingen Anfang 2022 anderweitig vermietet wird, übernimmt Winterthur auch die gesamte Logistik. Ziel ist es, bis im März 2022 alle Arbeitsbereiche und Prozesse vollständig in die beiden Standorte Winterthur und Münchenbuchsee zu integrieren. Der Standort Winterthur ist unter anderem für die Verarbeitung der Trauben sowie für die Verteilung an die Gastronomie und Privatkunden zuständig. Der Standort in Münchenbuchsee verantwortet die Verteilung an die Grossverteiler.
«Es freut mich sehr, dass 95 Prozent der ehemaligen Produzentinnen und Produzenten von Rutishauser mit dem neuen Tandem Rutishauser-Divino zusammenarbeiten und ihre Trauben im Herbst erstmals in den Kellern in Winterthur vinifizieren», sagt Thomas Wettach. «Auch wenn wir nur noch an einem Standort produzieren, behalten wir die Stilistik der jeweiligen Weine bei. Auf diese Weise bewahren wir die Eigenheiten der ursprünglichen Weine, was unsere Kundinnen und Kunden sehr zu schätzen wissen. Zudem vereinen wir so das gesamte Wissen über die spezifischen Produktionsarten», betont Michael Balmer, Önologe und jahrelanger Betriebsleiter bei Rutishauser, heute Leiter Projekte bei Rutishauser-Divino.
Neue Möglichkeiten
«Historisch bedingt ist Divino mit den Volg Weinkellereien und Caves Garnier im Detailhandel sehr gut aufgestellt, bei den Gastronomen und Privatkunden aber weniger präsent. Bei Rutishauser ist es genau umgekehrt. Die Unternehmen ergänzen sich also optimal», freut sich Thomas Wettach über die neuen Absatzmöglichkeiten. Zudem hätte das Traditionsunternehmen Rutishauser viel investieren müssen, um seine Produktions- und Abfüllanlagen auf den neuesten Stand zu bringen und um die Anforderungen für neue Zertifizierungen zu erfüllen. Synergien und Vorteile zeigen sich auch bei Provins, beispielsweise im Bereich Nachhaltigkeit: «Das Wissen unserer Kollegen im Zentrum für nachhaltigen Pflanzenschutz Agroline Bioprotect hilft uns in unserem Engagement für nachhaltigen Rebbau. Unsere Lieferanten profitieren von den Erfahrungen der fenaco, was sich später in der ganzen Wertschöpfungskette widerspiegelt», betont Michel Charbonnet. Für den Vertrieb der Walliser Weine sieht er zudem die Koordination mit Rutishauser-Divino und einer stärkeren Vermarktung in der Deutschschweiz sowie über neue Kanäle der Gruppe als grundlegend für weitere Entwicklungsschritte. Dank der Bündelung dieser Kräfte kann die fenaco mit einem noch attraktiveren Weinsortiment den Schweizer Markt stärken und den heimischen Rebbau mit Innovationen weiter fördern.
Die Einzigartigkeit der Schweizer Weine bewahren
Die Weinernten der letzten drei Jahre sind ergiebig ausgefallen. Doch was die Weinproduzenten freut, ist gleichzeitig ein Problem. Es kommt regelmässig zu einem Überangebot, insbesondere in der Westschweiz, im Wallis und im Tessin. Der Weinkonsum geht nämlich seit 30 Jahren zurück. Zudem trinkt die hiesige Bevölkerung mehrheitlich importierten Wein. Doch die fenaco glaubt an das Potenzial des Schweizer Weins und möchten die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten von seiner Qualität überzeugen. Daher engagiert sich die fenaco für einen starken und gesamtheitlichen Weinverband, der die Vermarktung der Schweizer Weine verstärken kann. Das käme den Produzentinnen und Produzenten zugute. Die fenaco Töchter Volg- und LANDI Läden gehen voraus und setzen heute 45 Prozent Schweizer Wein um – deutlich mehr als der Branchenschnitt von 35 Prozent.