Gemäss dem Reinheitsgebot soll Bier nur aus Hopfen, Malz, Hefe und Wasser hergestellt werden. Für Bierbrauer und Sommelier Benjamin Kloos bei RAMSEIER in Hochdorf kommt eine vierte Zutat hinzu: eine gehörige Portion Leidenschaft.
Im Jahr 1998 entscheidet sich für Benjamin Kloos vieles. Der damals 16-Jährige besucht die 11. Klasse in seinem Heimatort Kirn (DE). Die Schülerinnen und Schüler können sich für einen freiwilligen Nachmittagskurs anmelden. Bierbrauen in der örtlichen Brauerei, nur wenige hundert Meter von Benjamins Zuhause entfernt. Dieser Kurs entfacht in ihm eine Leidenschaft: Nach dem Abitur entscheidet er sich für eine Lehre als Brauer und Mälzer in ebendieser Brauerei. Aus dem einstigen Hobby wurde ein Beruf, für den er noch immer brennt.
Knapp ein Vierteljahrhundert später treffen wir Benjamin am Standort Hochdorf von RAMSEIER Suisse. Der einstige Nachwuchsbierbrauer ist mittlerweile verheiratet, Vater eines Buben und Produktionsleiter des Werks Hochdorf. 2021 wurden hier 35 Millionen Liter Bier produziert, damit erreichte das Unternehmen einen Marktanteil von gut 8 Prozent. «Es gibt in der Schweizer Bierbranche nicht viele Unternehmen dieser Grössenordnung», erklärt Benjamin. Den grössten Anteil machen die Eigenmarken für Volg und LANDI aus. Aber auch andere Lohnaufträge führt RAMSEIER Suisse aus. Teils übernimmt das Unternehmen die gesamte Produktion des Biers, teils nur die Abfüllung. «Eine Biermarke zu etablieren, ist sehr aufwendig und kostenintensiv», entgegnet der Fachmann auf die Frage, weshalb RAMSEIER Suisse kein eigenes Bier herstellt. Seit Beginn – das Werk stammt aus den 1960er-Jahren – ist RAMSEIER Suisse ein Handelsmarkenproduzent ohne ein eigenes Markenbier. «Eine Ausnahme ist das Römer Bier für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ganz wenige lokale Gastronomiekunden.»
Treberstation für die Landwirtschaft
Benjamin führt durch die unterschiedlichen Produktionsräume. Es wird heiss – wir nähern uns dem Herzstück des Werks, dem Sudhaus, quasi die «Bierküche». Hier befinden sich die Maischepfanne, der Läuterbottich und die Würzepfanne. Zum Bierbrauen wird das geschrotete Malz im Maischprozess mit warmem Wasser vermischt und dann unter Rühren weiter erhitzt. Dabei löst sich die enthaltene Stärke und wird in Zucker umgewandelt. Die anfallenden festen Rückstände, genannt Treber, gibt RAMSEIER Suisse an Landwirtinnen und Landwirte ab. Diese beziehen sie direkt ab dem Trebersilo, welches fenaco Getreide, Ölsaaten, Futtermittel mitfinanziert hat, und verwenden sie im Tierfutter. Die Würze, der flüssige Teil, hingegen wird mit dem Hopfen gekocht. Anschliessend wird der Sud von dem geronnenen Eiweiss und den nicht gelösten Hopfenbestandteilen getrennt. Die zurückbleibende Flüssigkeit nennt sich Anstellwürze. Sie wird auf die entsprechende Gärtemperatur abgekühlt und mit Hefe versetzt. Diese schliesslich wandelt den enthaltenen Zucker in Alkohol und Kohlendioxid um. Nach der mehrwöchigen Gärung im Gärtank entsteht schliesslich Bier, das nochmals gefiltert und dann abgefüllt wird.
Sellerie und Kohl mag hier niemand
«Als Bierbrauer braucht man Kenntnisse in Biotechnologie und Biochemie, im Alltag aber auch oft Physik und Mathematik», so Benjamin. Volumenberechnungen gehören ebenso zum Job wie Prozessüberwachungen. «Schlussendlich muss man aber vor allem die Freude am Geschmack und am Bier haben.» Mit seiner Weiterbildung zum Biersommelier gehört der Brauer zum erlesenen Kreis, der im Werk von RAMSEIER Suisse jeden Morgen mit einer Verkostung die Qualitätskontrolle vornimmt. Denn qualitativ gutes Bier darf keinen Fehlgeschmack haben. «Die gängigsten Fehler schmeckt man gleich raus», sagt der Kenner. «Eine unzureichende Reifung schmeckt nach ranziger Butter. Schlechtes Kochen im Sudhaus riecht dagegen nach gekochtem Gemüse. Sellerie, Kohl – diese Geschmacksrichtungen will man natürlich nicht im Bier haben.» Wichtig sei zudem, dass Bitterkeit und Süsse ausgewogen sind. Am Schluss eintscheidet der eigene Geschmack. «Gut ist das Bier, wenn man sich noch ein zweites bestellen möchte.»
Innovationen aus dem Braukeller
Seiner Leidenschaft für Bier geht Benjamin Kloos oft auch nach Feierabend nach. Zu Hause hat er einen kleinen Braukeller, in dem er sich kreativ austobt. Gut 30 Liter Bier lassen sich dort aufs Mal produzieren. Ein Konkurrenzprodukt entsteht aber nicht – im Gegenteil. «Im November führen wir ein Pale-Ale-Bier für die LANDI Schweiz unter der Marke Farmer ein, welches ich zu Hause als Pilot entwickelt habe», erzählt Benjamin. Ob Bier auch sein Lieblingsgetränk sei? «Zumindest mein liebstes alkoholisches Getränk – Bier ist für mich mehr als nur ein Durstlöscher.»