Eine neue Getreidesammelstelle sorgt dafür, dass der Getreideanbau im abgelegenen bündnerischen Val Müstair zukunftsträchtig bleibt. Als Partnerin der Schweizer Berghilfe unterstützt fenaco Engagement dieses Projekt.
«Ruhe», sagt er. Ohne Ausrufezeichen – ganz gemächlich. «Die Ruhe macht das Val Müstair für mich besonders attraktiv», erläutert Johannes Fallet. Der stämmige Bauer steht am Rande eines rund einen Hektar grossen Weizenfeldes und prüft, ob schon geerntet werden kann.
Wer die Abgeschiedenheit sucht, ist hier richtig: Von den grossen Schweizer Ballungszentren im Flachland benötigt man drei oder mehr Autostunden, um ins bündnerische Val Müstair, auch Münstertal genannt, zu gelangen. Der Verkehr und die Hektik halten sich in Grenzen. Die Gegend lebt hauptsächlich vom Tourismus und von der Landwirtschaft. Die fenaco hilft mit, dass die Landwirtinnen und Landwirte in dieser Region eine Zukunft haben.
Getreideanbau: Regionale Wertschöpfung
Neben der Milchwirtschaft und der Rinderzucht setzen die Bauernfamilien im Val Müstair zunehmend auch auf den Getreideanbau. Auf 1200 bis 1700 m ü. M. bauen die hiesigen Landwirtinnen und Landwirte Weizen, Roggen und Gerste an. Die Wurzeln des Getreideanbaus reichen weit zurück. Früher diente er vor allem der Selbstversorgung, heute stellt er einen wichtigen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung und zur Erhaltung der Kulturlandschaft dar.
Betrieb der Getreidemühle wurde 2010 eingestellt
Die Zukunft des Getreideanbaus im Alpental wurde aber vor einiger Zeit infrage gestellt: Die alte Mühle mit der Annahmestelle, der Trocknungsanlage und den Getreidesilos genügten den Anforderungen nicht mehr. «Regelmässig trat Wasser in den ersten Stock ein», erzählt Johannes Fallet, der neben seiner Tätigkeit als Getreidebauer auch als Präsident der Società Graun Val Müstair amtet.
«Die Zufahrt war nicht optimal, und das Abladen war mühsam», so Fallet weiter. Auch den heutigen Ansprüchen an die Lebensmittelsicherheit genügte die Mühle bei Weitem nicht mehr. Der Betrieb der Mühle wurde bereits 2010 eingestellt. Für die Sammelstelle musste eine Lösung her.
Verzicht auf Ackerbau stand nicht zur Diskussion
Warum nicht ganz auf den Ackerbau verzichten? «Nein, das war keine Option für uns. Die Getreideproduktion ist ein unverzichtbarer Bestandteil der vielfältigen Landwirtschaft im Tal», begründet der 59-jährige Fallet. Der Getreideanbau wirke sich positiv auf die Fruchtfolge aus, und die Nachfrage nach Bio-Getreide sei sehr gross, erklärt der Bauer weiter. Also blieben nur zwei Möglichkeiten: entweder das Getreide zwei Stunden lang über zwei Pässe in die Getreidesammelstelle der LANDI Landquart karren. Oder eben eine eigene Lösung finden.
Angesichts des enormen logistischen Mehraufwandes und als Bekenntnis zur regionalen Wertschöpfung im Münstertal haben sich die 48 Mitglieder der Società Graun Val Müstair für Letzteres entschieden: den Bau einer eigenen Getreidesammelstelle und -trocknungsanlage. «Wir wollten die Tradition in eine moderne, nachhaltige Zukunft führen», bekräftigt Fallet. Das Engagement der lokalen Bauern kommt nicht von ungefähr: Die Anlage ist das dritte und letzte Puzzlestück im Regionalentwicklungsprojekt PRE der Agricultura Val Müstair. Neben einer neuen Käserei (2018) und einem Schlachthof (2021) legt sie die Grundlage für eine gesicherte Getreideproduktion.
Ein Engagement für die Zukunft
Ein bedeutender Partner der neuen Getreidesammelstelle und -trocknungsanlage war auch die fenaco mit ihrem Programm fenaco Engagement und im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit der Schweizer Berghilfe. fenaco Engagement stärkt die Wertschöpfung in den Berggebieten und sorgt dadurch für den Erhalt von Arbeitsplätzen.
«Gerade sehr abgelegene Gebiete wie das Val Müstair haben es oft schwer, die Wertschöpfung vor Ort zu behalten», erzählt Daniel Braun, Regionalleiter fenaco Ostschweiz und Mitglied der fenaco Geschäftsleitung. Die Unterstützung von fenaco Engagement helfe der Landwirtschaft und der Bevölkerung im Val Müstair langfristig, begründet Braun die finanzielle Unterstützung der fenaco Genossenschaft.
Mehl für Bündner Spezialitäten
Die rund 32 Hektaren der 13 Getreideproduzenten im Tal sollen heuer rund 100 bis 120 Tonnen Getreide abwerfen. Die neue Getreidesammelstelle und -trocknungsanlage kann sich also gleich unter Beweis stellen. Das Bio-Brotgetreide wird seit 2010 ins Bergell zur Mühle Scartazzini gebracht. Ein Grossteil des Mehls kommt dann wieder zurück ins Val Müstair und wird von der Bäckerei Meier verarbeitet. Als Endprodukt, zum Beispiel als Bündner Nusstorte, wird das Getreide dann in die Gastronomie oder ausgewählte Geschäfte in der gesamten Schweiz geliefert.
So kann ein Stück Tradition des abgelegenen und ruhigen Val Müstair nicht nur vor Ort, sondern auch im Rest der Schweiz genossen werden – nicht zuletzt dank fenaco Engagement.
Soziales Engagement der fenaco
Die fenaco Genossenschaft ist seit 2015 Partnerin der Schweizer Berghilfe. Sie legt dabei den Schwerpunkt auf Projekte, die von aktiven Bäuerinnen und Bauern oder landwirtschaftlichen Gemeinschaften in Eigeninitiative geplant werden und diesen eine bessere wirtschaftliche Zukunft ermöglichen. Ziel ist es, die Wertschöpfung in den Berggebieten zu stärken, attraktive Arbeitsplätze in Randregionen zu erhalten und die Pflege der alpinen Kulturlandschaft zu sichern. Gesuche können direkt bei der Schweizer Berghilfe (www.berghilfe.ch/gesuche) eingereicht werden.