Das Land kultivieren, die Felder bestellen – was romantisch klingt, braucht viel Wissen, denn nur, wenn man die Beschaffenheit des Bodens kennt, kann man ihn auch richtig bewirtschaften. Am Internationalen Tag des Bodens werfen wir einen Blick unter die Erde.
Archäologen suchen oft unter der Erde nach Zeugnissen der Geschichte, denn der Boden erzählt die Geschehnisse in einer Region so ehrlich, wie kaum eine andere Quelle. Auch in der Landwirtschaft erzählt jeder Acker, jedes Feld seine eigene Geschichte.
Ein Blick unter die Oberfläche
Jede Hobbygärtnerin und jeder Pflanzenliebhaber weiss: Nicht jede Pflanze wächst an jedem Ort. Das ist auch bei Nutzpflanzen so. Viele Landwirtinnen und Landwirte schauen sich deshalb ihre Ackerböden regelmässig genauer an und werfen einen Blick unter die Oberfläche. Allzu tief müssen sie nicht graben. «Ein Meter genügt bereits», meint Stéphane Burgos, Dozent an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL) der Berner Fachhochschule. Er und sein Team haben auf der Basis der traditionellen Methode des Spatenstichs ein benutzerfreundliches System geschaffen, mit dem der Boden vereinheitlicht analysiert und sein Zustand über die Jahre beobachtet werden kann: die SpatenprobeDok. «Mit einem tiefen Spatenstich erhält man bereits wichtige Informationen», erklärt Burgos. Die ersten ein bis zwei Meter bestehen meist aus drei verschiedenen Aggregaten: Die unterste wird aus grobem Geröll und grösseren Steinen gebildet. Das sind die Überbleibsel der Geröllablagerungen früherer Gletscher und Flussläufe. Solche Geröllschichten finde man fast überall in der Schweiz, meint Burgos. Über diesen Zeitzeugen der geologischen Vergangenheit des Landes zeigen sich neuere Schichten. Die mittlere Schicht besteht häufig aus verdichtetem Material, also aus Erdreich, das so dicht ist, dass Wurzeln es kaum durchdringen können. Diese Erdschicht ist meist stark mit Ton oder Lehm angereichert. «Das sind wertvolle Wasserspeicher für die Ackerpflanzen», so Burgos. Zudem sorgten sie dafür, dass die Böden bei starken Regenfällen nicht überschwemmt und dadurch zu viele Nährstoffe ausgespült würden. Die oberste Schicht ist die Humusschicht. Sie ist meist lockerer, feinkörniger und mit organischen Substanzen angereichert. Das ist die eigentliche Wurzelumgebung. Sie entsteht, wenn der Boden über die Jahre gepflügt und gelockert wurde. Tiefgründige Böden verfügen über eine Humusschicht von 70cm und mehr. Pflanzen wie beispielsweise Raps bevorzugen tiefgründigen Böden, denn ihr Pfahlwurzeln reichen bis zu einem Meter tief ins hinab. Je tiefer also die Humusschicht ist, desto bessere Chancen hat eine Nutzpflanze.
Die komplexe Zusammenarbeit zwischen Mensch und Tier
Wenn die Humusschicht durch regelmässiges Pflügen entsteht, kann ein Landwirt dann seinen Acker nicht einfach mit einem tiefen Pflug umwälzen und den Boden so noch fruchtbarer machen? Man könne den Boden durch Befahren verdichten, wenn man das wolle, erklärt Stéphane Burgos. Die Lockerung hingegen, sei viel schwieriger, denn die meisten Maschinen erreichten nur eine Tiefe von 30cm. Um mehr organische Substanz zu erhalten, könne man tiefwurzelige Pflanzen säen, doch das sei keine Garantie. «Es ist wichtig, die lebenden Bodenpfleger zu unterstützen», so Burgos. Mit «lebenden Bodenhelfern» meint der Experte die Tiere, die im Boden leben und arbeiten. Dazu gehören Regenwürmer und Bodeninsekten wie Milben, Asseln oder Käferlarven. Auch andere Bodenmikroorganismen wie Bakterien und Pilze helfen dem Landwirt auf unsichtbare Weise. «Sie alle bearbeiten den Boden konstant. Je weniger man sie stört, desto besser können sie arbeiten», so Burgos weiter. Bodeninsekten zersetzen organische Substanzen und brechen Pflanzenreste in kleinere Teile. Diese dienen den Mikroorganismen als Nahrung. Im Gegenzug produzieren die Bodentiere Exkremente, die zur Humusbildung beitragen und die Pflanzen ernähren. Regenwürmer schaffen zudem Gänge, die die Pflanzen nutzen, um ihre Wurzeln leichter in die Tiefe treiben zu können. Durch diese Gänge entsteht ein Durchlüftungssystem, das sich konstant bewegt und verändert. Die Bodentiere durchmischen den Boden, sorgen für Belüftung, Nährstoffumwandlung und Wasserregulierung. Sie schaffen damit die biologische Grundlage, die den Boden fruchtbar macht. «Wird der Boden zu stark bearbeitet, stört man die Tiere und schwächt so den Boden», erklärt Burgos. Auch das Tiefspaten sei keine Lösung, um eine tiefere Humusschicht zu erhalten. Dabei gingen viele Bodentiere und organische Lebewesen kaputt. «Wir finden in Wiesen zirka 400 Würmer pro Kubikmeter. Im Acker hingegen nur ungefähr 50.» Burgos hält es für wichtig, diese Tiere nicht noch weiter zu dezimieren. Unterstützen könnten Landwirte die Würmer durch umsichtiges Güllen. Die Gülle ernährt Regenwürmer und andere Bodeninsekten und bringt zudem wichtige Nährstoffe, wie Stickstoff, Phosphor und Kalium in den Boden. Doch auch hier müssen Landwirtinnen und Landwirte eine feine Balance halten: Den Boden nur selten und dafür stark zu düngen, sei genauso kontraproduktiv, wie ihn selten und dafür stark zu wässern. Es brauche eine leichte, regelmässige Düngung, so der Experte.
Den Boden schätzen und schützen
Das sensible Zusammenspiel von Mensch, Tier und Klima ist ein Miteinander, das Wissen und Umsicht erfordert. Um das Bewusstsein für den Boden als lebendige Ressource zu fördern, rief die Internationale Bodenkundliche Union (IUSS) am 5. Dezember 2002 den Internationalen Tag des Bodens ins Leben. Er soll Verständnis schaffen für die Rolle, die dem Boden in den lebenswichtigsten Prozessen zukommt; denn ein gesunder Boden ist nicht nur für die Landwirtschaft und damit für die Ernährungssicherheit entscheidend. Er spielt auch eine Schlüsselrolle im Wasserkreislauf, im Klimawandel und in der Erhaltung der biologischen Vielfalt.
Spatenprobe BodenDok
Mit der neuen Methode Spatenprobe BodenDok lässt sich der Zustand der Bodenstruktur schnell und einfach bestimmen. Somit hilft sie, Schäden vorzubeugen und die Bodenfruchtbarkeit und Wasserspeicherfähigkeit auf lange Sicht zu bewahren. Die Spatenprobe hilft durch Beobachtung von Bodenschichten, Aggregaten, Farbe, Geruch und weiteren Eigenschaften, die den Landwirtinnen und Landwirten kostenlos zur Verfügung stehen, den Zustand ihrer Böden aufzuzeigen.
fenaco Feldtage
Die fenaco Tochterunternehmen LANDOR, UFA-Samen und AGROLINE organisierten gemeinsam die Feldtage 2023 und präsentierten geballte Pflanzenbau-Kompetenz zusammen mit vielen Partnern aus der Landwirtschaft. «Wir bringen Innovation und Praxis zusammen. Dazu präsentieren wir den allerneusten Stand der Technik und Forschung und schaffen eine Plattform für den Austausch. Und zwar für die biologische und die konventionelle Landwirtschaft», sagt Michael Feitknecht, Leiter Pflanzenbau bei der fenaco Genossenschaft. Die nächsten Feldtage finden voraussichtlich 2026 statt.