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«Führung macht Spass, weil du etwas bewegen kannst!»

Christine Maier ist vielen noch als Schweizer Fernsehmoderatorin bekannt. Heute holt sie andere Frauen vor die Kamera und trainiert mit ihnen, wie sie selbstsicher auftreten und präsentieren können. Bei der fenaco trägt sie mit ihren Kursen zur Förderung von Frauen in Kaderpositionen bei.

Christine Maier ist vielen noch als Schweizer Fernsehmoderatorin bekannt. Heute holt sie andere Frauen vor die Kamera und trainiert mit ihnen, wie sie selbstsicher auftreten und präsentieren können. Bei der fenaco trägt sie mit ihren Kursen zur Förderung von Frauen in Kaderpositionen bei.

Christine, du bist als Schweizer TV-Moderatorin bekannt. Wie schwierig war es für dich, als Frau in den 90er-Jahren so eine sichtbare Position zu bekommen?

Zum ersten Casting wurde ich zwar eingeladen, habe dann aber beim Eintreffen im Fernsehstudio erfahren, dass die Redaktion lieber einen Mann für den Job möchte. Es war also gar nicht vorgesehen, eine Frau als Ansagerin zu engagieren. Mich hat diese Ausgangslage eher gestärkt als geschwächt. Ich dachte, wenn die mich nicht wollen, kommt es auch nicht so drauf an, wie ich abschneide. Der Effekt war, dass ich – befreit von jeglichem Druck – ein wirklich gutes Casting machte. Vier Wochen später stand ich zur Hauptsendezeit vor der Kamera.  

Warst du einfach immer schon so selbstbewusst, wie du es heute bist?

Nein, das war ich natürlich nicht. Der Job selbst fiel mir leicht. Aber die Resonanz aus dem Publikum war unerwartet. Teils auch heftig. Heftig positiv und heftig negativ. Darauf war ich nicht vorbereitet. Damals – mit nur einem Deutschschweizer Kanal – wurde ich über Nacht bekannt und landete auf den Titelseiten der grossen Zeitungen. Alles wurde kommentiert, gelobt und kritisiert. Das hat mich als junge Frau gestresst und auch eingeschüchtert.  

Du hast trotzdem Karriere gemacht. Nach TV-Engagements in Deutschland und England, bist du zum «Ziischtigs-Club», heute «Club» gekommen. Warum hast du diese Moderation zuerst abgelehnt?

Ich war damals der Meinung, diese Sendung sei eine Nummer zu gross für mich. Über Politik und Wirtschaft zu diskutieren, war damals noch keine Kernkompetenz von mir. Dann hat man mich zum Casting überredet, ich moderierte eine spannende Runde mit Politikerinnen und Politikern und dachte: Wie toll ist das denn! Also habe ich zugesagt. Die ersten zwei Jahre waren harte Arbeit, ich musste richtig viel lernen. Bei der Recherche über die Diskussionsgäste und das Thema konnte man damals nicht einfach googeln, sondern musste alle Informationen mühsam beschaffen, lange Vorgespräche führen. Allerdings sind mir diese auch heute noch bei Panel-Diskussionen wichtig.

Du gibst heute Kurse, wie man mit Lampenfieber umgeht. Hattest du damals selbst Lampenfieber?

Ja, sogar starkes. Ich startete 2001, und die Key-Positionen in Wirtschaft und Politik waren praktisch ausschliesslich mit Männern besetzt.  Mittendrin die kleine blonde Christine. Auch für die männlichen Gäste war es neu, dass eine Frau ihnen sagt, wann sie reden dürfen und wann nicht. Jetzt wollte ich erst recht nicht versagen. Das war Stress pur. Die Folge: Schlafstörungen.

Wie bist du damals damit umgegangen? 

Ich liess mich von einer Psychologin beraten. Von ihr lernte ich, mit Kritik umzugehen. Mir wurde bewusst, dass Frauen eher dazu neigten, sich auf die negative Kritik zu fokussieren, während das Lob an ihnen vorbeizieht. Ich trainierte mir an, beides gleich zu werten – also entweder beides ernst zu nehmen oder beides nicht mehr ernst zu nehmen – und mich darauf zu konzentrieren, welches Feedback mich tatsächlich weiterbringen würde.

Christine Maier
« Führung macht Spass, weil du etwas bewegen kannst! »

Viele Frauen sind mit alten Rollenmodellen aufgewachsen und haben gelernt, sich eher im Hintergrund zu halten. Lernt man in deinen Kursen, wie man solche inneren Hürden überwindet?

Es geht in meinen Trainings vor allem darum zu schauen, welche Haltung eine Person mitbringt. Traut sie sich die Aufgabe zu? Hat sie das Gefühl, sie ist gut genug? Und wenn sie das Gefühl hat, sie sei nicht gut genug, dann muss sie daran arbeiten. Und das kann funktionieren. Der Schlüssel dazu liegt im Mindset.

Erkläre uns das bitte.

Es geht darum, zu akzeptieren, dass man einen inneren Kritiker hat. Den haben alle. Den kriegt man auch nicht weg. Diese innere Stimme ist über Jahre gepflegt und kultiviert worden, hat also eine sehr starke Position im Denken. Sie sorgt dafür, dass man Angst hat, sich zu exponieren, Angst hat zu versagen, steif und starr wird, Aussetzer hat, statt entspannt und mit Freude zu präsentieren. Der erste Schritt ist, sich dieser Stimme bewusst zu werden. In einem zweiten Schritt kann man einen inneren Motivator aufbauen, der genauso stark werden kann, wie der innere Kritiker – wenn man ihn genauso gut pflegt. Wie das genau geht, kann ich hier nicht erklären, das würde zu weit führen. Aber: Warum arbeiten so viele Sportlerinnen und Sportler mit Mentaltrainerinnen zusammen? Weil sie genau daran arbeiten. Stellen Sie sich vor, Sie rasen bei einem Skirennen den Hang hinunter und denken: «Ich bin eigentlich nicht gut genug. Die anderen sind besser. Hoffentlich stürze ich nicht.» So gewinnen Sie nie! Es geht darum, am Mindset zu arbeiten. Das kann jeder und jede.

Du gibst bei der fenaco «speak up!»-Kurse speziell für Frauen? Brauchen Frauen andere Trainings als Männer?

Nein. Es gibt viele Männer, die ebenfalls einen lauten inneren Kritiker haben und unter starkem Lampenfieber leiden. Männer gehen aber in der Tendenz eher anders mit Unsicherheit um. Wir wissen aus der Forschung, dass Männer in der Regel milder sind mit sich selbst und davon ausgehen, dass sie eher besser performen als sie es in Wirklichkeit tun. Sie bewerben sich auch mal für Stellen, für die sie 60-70 Prozent der geforderten Qualifikationen mitbringen. Sie sagen sich offenbar «den Rest lerne ich» oder «das kann ich dann schon». Und oft haben sie auch Recht mit dieser Haltung. Frauen denken eher «ich bin nicht gut genug. Das kann ich nicht.» Sie sind oftmals kritischer, härter mit sich. Fakt ist: Sie bewerben sich deshalb sogar weniger auf Stellen, deren Anforderungen sie längst erfüllen würden. Sie müssen deshalb häufiger von ihren Vorgesetzten motiviert und etwas geschubst werden.

Müssten Arbeitgeber ihre Inserate für Frauen anders formulieren?

Das wäre sicher ein erster guter Schritt? Ich weiss gar nicht, wie fenaco damit umgeht?

Daran arbeitet unser HR zurzeit. Die Förderung von Frauen in Kaderpositionen ist bei der fenaco Teil der Nachhaltigkeitsstrategie. 

Wichtig ist zweifellos, dass der Nachwuchs mehr gefördert wird, wenn wirklich mehr Frauen Führungspositionen wahrnehmen sollen. Das alles braucht natürlich Zeit. Und es ist nicht ganz einfach, weil sich junge Frauen oftmals nicht vorstellen können, mehr Verantwortung zu übernehmen. Sie haben das Gefühl, sie können das nicht. Oder wollen es nicht. Das gilt es natürlich zu respektieren. Auf jeden Fall kann sich meiner Meinung nach ein Unternehmen eine ausschliesslich männlich zusammengesetzte Geschäftsleitung auch kurzfristig nicht mehr leisten. Der Druck zur Veränderung kommt von allen Seiten.

fenaco Initiative «en avant»

Die fenaco hat sich zum Ziel gesetzt, den Frauenanteil auf allen Kaderstufen konstant zu erhöhen. Mit der Initiative «en avant» setzt sie auf ein umfassendes Massnahmenpaket, das die Frauenförderung von mehreren Seiten her anpackt. Neben dem speak up!-Kurs gehören dazu beispielsweise auch Netzwerkanlässe spezifisch für Frauen oder Workshops für Führungspersonen, um unbewusste Mechanismen aufzudecken, die das Vorankommen von Frauen in der fenaco hindern können. Zudem entwickelt HR die Flexibilisierung von Arbeitsmodellen weiter, wie bspw. vermehrte Jobs in Teilzeitpensen oder Jobsharing, um Frauen und Männern eine bessere Balance zwischen Arbeit und Familie zu ermöglichen.

Was können Frauen selbst beitragen, um ihre Position am Arbeitsplatz zu stärken?

Erstens: Sie müssen es wirklich wollen. Sie müssen bereit sein, die Extra-Meile zu gehen, sich einzusetzen und auch zu sagen, dass sie weiterkommen möchten. Brav und fleissig zu warten, bis frau «entdeckt und gefördert» wird, halte ich für wenig erfolgreich. Ich würde Frauen empfehlen, sich eine Mentorin oder einen Mentor zu suchen. Es ist sehr hilfreich, sich mit Vorbildern, mit Führungspersönlichkeiten auszutauschen – unabhängig von deren Geschlecht.

Was macht eine Frau denn, wenn sie die Skills für eine Führungsposition hat, und eine Stelle, die frei wird, nicht bekommt?

Dann sollte sie dringend mit den Verantwortlichen sprechen. Sie muss verstehen können, warum es nicht geklappt hat und welche Optionen sie künftig hat. Wenn sie den Eindruck hat, in einer Sackgasse zu stecken, muss sie sich grundsätzliche Gedanken machen. 

Was hat dich motiviert, Karriere zu machen?

Für mich war immer wichtig, mitentscheiden zu können. Verantwortung zu übernehmen. Etwas zu bewegen und auch zu verändern, zum Beispiel, was die Unternehmenskultur betrifft. Und es hat mich auch nicht gestört, mehr zu verdienen (schmunzelt). Damit konnte ich mir mehr Support im Haushalt leisten, was mir wiederum ermöglicht hat, mehr Zeit mit den Kindern zu verbringen.

In deinen Kursen lernen die Teilnehmenden viel über Mindset und die eigene Wirkung auf andere. Welche Aspekte bringen die Frauen weiter?

Sehr wirksam ist das Videotraining. Warum? Es geht darum, den Gap zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung zu erkennen und möglichst zu schliessen. Die Teilnehmerinnen müssen eine kurze Präsentation vor der Gruppe machen, die wird aufgezeichnet. Das macht einigen hin und wieder erstmal etwas Bauchweh. In der anschliessenden Feedback-Runde lernen viele, dass sie viel besser präsentiert haben, als sie dachten.  Es geht im Weiteren darum, Präsentationen besser zu strukturieren, mit den Leuten, zu denen man spricht, in einen Dialog zu kommen. Mit Stress und Lampenfieber umzugehen und generell mehr Spass zu haben beim Auftreten und Präsentieren.

Junge Frauen sind über die Sozialen Medien geübter im Auftreten. Brauchen sie solche Kurse überhaupt?

Ja, weil die digitale Welt sehr stark konstruiert ist. Wie man in einer realen Situation richtig und stark präsentiert, wie man sein Projekt vor einem höheren Gremium vorstellt, wie man strukturiert Sitzungen leitet, sollten auch junge Frauen lernen. Wer nicht von Natur aus Spass am Präsentieren hat, kann von diesen Kursen sehr profitieren.

Was gibst du jungen Frauen mit?

Mein Tipp: Sucht die Challenge. Meldet euch, wenn es darum geht, zu präsentieren. Und sagt mutig, wenn ihr gerne mehr Verantwortung übernehmen wollt.

Christine Maier war 30 Jahre lang als Fernsehmoderatorin im In- und Ausland tätig. Als Chefin von TV-Sendungen und Chefredaktorin des SonntagsBlicks setzte sie Themen und rückte Menschen in den Fokus der Öffentlichkeit. Heute berät sie Führungspersönlichkeiten, moderiert grosse Wirtschaftsanlässe und gibt Workshops und Coachings. Für die fenaco gibt sie seit 2022 regelmässig «speak up»-Kurse für Frauen.

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